Österreich ist ein Dieselland. Nicht nur bei den Kfz-Lenkern sorgen deshalb die aktuell in Deutschland erlaubten Fahrverbote für Zündstoff – auch bei unserer Zuliefererindustrie: Gilt doch der Dieselantrieb als wichtiger heimischer Wirtschaftsmotor. So beliefern Parade-Betriebe wie AVL, Austria Druckguss & Co. Automobilbauer weltweit mit Komponenten für Dieselfahrzeuge. Großmotoren ohne Dieselantrieb sind gar in den nächsten 30 Jahren nicht vorstellbar.
Da staunten unsere deutschen Nachbarn in der vergangenen Woche nicht schlecht: Denn nach Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichts dürfen künftig Diesel-Verbote in deutschen Städten mit hoher Luftbelastung ausgesprochen werden. Die heimische Politik wischte ein ähnliches Verbot hierzulande schnell vom Tisch, auch „weil es für viele Anwendungen aktuell kaum ernstzunehmende Alternativen als den Diesel gibt“, weiß Helmut Eichlseder, Institutsleiter für Verbrennungskraftmaschinen an der TU Graz. Er beklagt, dass das Motorprinzip durch den Diesel-Skandal fälschlicherweise in den Fokus geraten sei: „Dabei ging es manipulierte Testergebnisse, nicht um den Diesel an sich. Doch dieser ist seitdem nicht mehr aus dem Kreuzfeuer der Kritik gekommen.“ Rückendeckung erhält der TU-Professor von AVL-CEO Helmut List, der sich regelmäßig für den Dieselantrieb ausspricht: „Mittelfristig kann beim Dieselmotor bei den Stickoxiden ein Level erreicht werden, sodass keine schädlichen Auswirkungen auf die Luftqualität vorliegen.“
„Schlechtreden muss aufhören“
Mögliche Weiterentwicklungen könnten hierzulande einen Millionenmarkt eröffnen, daher ist für die Autozulieferer-Industrie klar, „dass das Schlechtreden dieser fähigen Technologie aufhören muss. Denn das wird mittelfristig viele Arbeitsplätze kosten“, sagt Austria Druckguss-Geschäftsführer Nikolaus Szlavik, der von Gleisdorf aus internationale Automobilbauer wie etwa Audi, BMW und Volkswagen beliefert. Ähnlich sieht es Thomas Krenn, CEO der Stahl Judenburg, unter anderem Produzent von Komponenten für Dieseleinspritzsystemen. Er prophezeit allerdings eine Rehabilitation des Antriebsstoffs, auch durch „die neu verordneten Emissions-Kontrollen im realen Fahrbetrieb“, so der CEO. Manfred Kicker, Geschäftsführer der BK Maschinenbau in Lebring, spürt aktuell noch keine Auswirkungen der Debatten am Markt: „Wir können unsere Produkte für unterschiedlichste Antriebstechnologien entwickeln.“
Keine Baumaschinen ohne Diesel
Anders verhält sich das bei Großmotoren: So ist etwa der Antrieb von Baumaschinen auf Basis von Elektromobilität oder Ottomotoren kaum vorstellbar, betont Michael Winkelbauer, Geschäftsführer des Baumaschinenausrüsters Winkelbauer mit Sitz in Anger bei Weiz: „Für Bagger, Radlader & Co. ist primär die Leistung entscheidend. Hier bringt der Diesel als Antriebsstoff einen deutlich höheren Wirkungsgrad“, sagt der Chef des 110-köpfigen Unternehmens. Das werde sich auch in den nächsten „zwei bis drei Jahrzehnten – außer in Einzelfällen – bestimmt nicht ändern“, so Winkelbauer.